Offerus Ablingers interdisziplinäres, prozessorientiertes Schaffen dreht sich um das Themenfeld Maskulinität, Subkultur und deren Streuwirkung auf den Mainstream. Er bedient sich dabei den Medien Malerei, Performance, Installation und Video. In seiner künstlerischen Analyse verwendet er eine Art transhumanistische Science-Fiction-Schablone. Mit Hilfe von Körpererweiterungen, Körperoptimierungen, Modifikationen, Cyborgs und Technologie werden in seinen Gemälden gesellschaftliche Kodierungen aufgebrochen, kritisch hinterfragt, neu interpretiert und Körpergrenzen neu ausgelotet. Begriffe wie Biomacht (Foucault), transhumanistische Utopien bzw. Dystopien, Ethik und Gender werden in seinen soziopolitischen Werken neu verortet.
Curriculum VITAE / Offerus Ablinger (geb. 1983, OÖ) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Ashley Hans Scheirl. Zentrale Themen, im Speziellen seiner Malerei, sind Normativität in einem sich nicht normativ verhaltenden Umfeld, Queerness, gesellschaftliche Konstrukte und Körperlichkeit. Männlichkeitsbilder und Geschlechterrollen außerhalb und innerhalb der heteronormativen Grenzen werden kritisch behandelt.
Als Teil des Kunstkollektivs Offerus Ablinger/Hagendorfer beschäftigen sich die beiden Künstler:innen intensiv mit gesellschaftspolitischen Themen, Vergangenheitsaufarbeitung und Fragen zur Geschlechtsidentität.
Konzentrierte Queerness
Zu Offerus Ablingers „Trans/Masc (Serie 1-4)“
Betrachte ich die aktuellen Bilder „Trans/Masc (Serie 1- 4)“ von Offerus Ablinger sticht mir der weiße Grund ins Auge. Aus einer strahlend weißen Fläche ohne Schatierungen oder erkennbarem Pinselstrich erheben sich die Figuren, Körper, Torsi. Oder versinken sie? Das liegt im Auge der Betracher:innen. Zu sehen sind Fragmente von Körpern, die als männlich gelesen werden können, Körperformen in barocken Drehungen und Windungen, Schatierungen der Haut, die auf den ersten Blick realistisch wie ein Foto wirken, bei genauem Hinsehen aber traditionelle Maltechnik von hohem handwerklichem Können mit feinem Pinselstrich und zarter Lasur erkennen lassen. Trotz ihrer Nacktheit entziehen sich die Porträts einer offensichtlichen Erotik, da sie sich auch gängigen Schönheitsklischees verweigern. Ihre Männlichkeit ist fragil und brüchig.
Offerus Ablinger definiert sich selbst als queerer Mann*, der Männlichkeit und die damit verbundenen althergebrachten Geschlechterzuschreibungen, in Frage stellt. In einem Akt der Selbstermächtigung, der es ihm erlaubt, zu definieren, was männlich ist und sein kann, zeigt sich eine politische Haltung, die gängige Machtverhältnisse hinterfragt und kritisiert. Queere Identitäten und Zuschreibungen sind fluide, wie die von ihm gemalten Körper, die er in einem Moment ihrer Veränderung festzuhalten scheint. Die Körper aus Fleisch und Blut verwandeln sich in Cyborgs oder umgekehrt, so wie die Körper aus dem Weiß auftauchen oder verschwinden. Ein Männerbein aus Haut und Haar, ein in die Höhe gereckter Arm, ein manieristisch verdrehter Hals – sie gehen über in abstrakte Formen, lösen sich in der Abstraktion auf oder gehen aus ihr hervor. Und tauchen ein ins Weiß, ins unendliche Weiß.
Die gewählten, expressiven Körperhaltungen und die altmeisterliche Manier stehen auch in einer Tradition des Camp, jener schwulen Kunst und Lebensweise, die Susan Sontag in den 1960er-Jahren als „Liebe zum Unnatürlichen, zum Trick und zur Übertreibung“ definierte. Camp ginge es „nicht um Schönheit, sondern um den Grad der Kunstmäßigkeit, der Stilisierung.“ So realistisch die Männerbilder von Offerus Ablinger wirken, sie sind doch jeder Natürlichkeit enthoben. Körpergrenzen sind aufgehoben, eindeutige Zuordnungen von Geschlecht und Gender verwischt. Männlichkeit wird, wie es Sontag in ihrer Definition für Camp fordert, unter Anführungszeichen gelesen, die „Existenz als das Spielen einer Rolle begriffen.“ Wie im Theater wird der männliche Körper auf einer Bühne präsentiert.
Dabei werden Codes der queer-schwulen Subkultur aufgegriffen, erinnern einmal an Voguing-Posen, ein andermal an SM-Inszenierungen oder an Drag Performances. Video-Projekte und Performances sind für Offerus Ablinger auch eine Erweiterung der traditionellen Arbeit am Tafelbild, ein Ausgreifen in andere Kunstformen, für die er sich auch gerne Kooperation mit anderen Künstler:innen sucht. Auch hier stehen Körper, Genderzuweisungen durch Sozialisierung und die Politisierung von Sexualität und Geschlecht im Zentrum seines Interesses, um heteronormative Strukturen und Grenzziehungen aufzubrechen und zu überwinden.
Die Gemälde wirken fragmentarisch und sind doch als Fragment notwendig fertig. Der in der romantischen Kunsttheorie entwickelte Begriff des „notwendigen Fragments“ zielt auf die Unabgeschlossenheit und damit Offenheit eines Kunstwerks. Das Unfertige wird zum Ausdruck einer Welt, die in ihrer Ganzheit nicht (mehr) erfassbar und so auch nicht darstellbar war. Alles Beiwerk wird in den Gemälden von Offerus Ablinger weggelassen. Er konzentriert sich auf das Wesentliche: die Transformation. In seinen transhumanistischen Porträts queerer Männlichkeit wird der Moment der Veränderung in einem Augenblick festgehalten. Wie eingefroren. Diese Momentaufnahme verlangt die fragmentarische Darstellung, in ihr wird die queere Aufhebung heteronormativer Identitätszuschreibungen augenfällig. Die Queerness ist so nicht nur thematisch sondern auch formal in Offerus Ablingers Kunst eingeschrieben.
Andreas Brunner (Historiker, QWIEN)
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Stipendien
2020
Studio Programm, Akademie der bildenden Künste Wien
Art Start / Mentoring Programm, Akademie der bildenden Künste Wien
Arbeitsstipendium, Stadt Wien
Publikationen
2022
2021
2020
Ausstellungen
2022
Artiststatement / Parallel, Wien
Pride / Transmutation / Villa Vida, Wien
2021
Vienna Art Week / Transmutation / Creative Cluster, Wien
Einzelausstellung (Trans/Masc) / Wir(r) im Raum, Wien
Porn Film Festival Vienna / Art Exhibition, FUCK CULTURE, DESCRIPTIVE / MQ Museums Quartier / Raum D., Wien
Parallel Vienna / Studio lll, Wien
The artèQ, NFT Auktion / Desiderio No1 Gallery, Wien
2020
Vienna Art Week / Creative Cluster, Wien
Stay Awake / Raumschiff, Linz
Porn Film Festival Vienna / Improper Walls, Wien
No Sports. Just Art / Creative Cluster, Wien
Der lgbtqia+politischimmerkorrektegaynado... / QDK artvideoloop /
MQ Wien, Raum D
TRANS/MASC / xHIBIT, Wien
2019
Roboexotica / Euro Pride Vienna / Visuals, Alternative Stage
Europe Now / galeriekrems, Krems
2018
Hinein / WUK, Wien
Blendwerk, Stadt in den Wolken / Vienne Art Week, AA Collektion, Wien
Connection 2 / WL4 Kunstraum, GDANSK, Polen
Bodies and Inhabitants / Siegmund Freud Museum, Wien
NETWORK DREISECHSFUENF / Galerie Die Schöne, Wien
Landscapes of Disere / Porn Film Fasifal Vienna / Dessous, Wien
its a match!: von abstrakt bis später / Akademie der bildenden Künste, Wien
Aarmageddon last Show / Aa Collektions, Wien
2017
Austellung / Gallery Ursula Stross, Graz
Pink Panic Room / Rhiz, Wien
2016 / 2017
Euromoon / Kunst- und Kulturzentrum Werk, Wien / Masc Foundation, Wien / Celeste, Wien
2016
Europe Now / Galerie Barcelona, Belgrad, Serbien
Hop Inn Krieau / Creau Kulturzentrum, Wien
The Anatomy of Melancholy / Ateliertheater, Wien
Dreisechsfünf#1 / Masc Foundation, Wien
2015
Aufgerissenen Auges: Transmanieristische Reaktionen / Xhibit, Akademie der bildenden Künste Wien
Art UnAnchored Festival / Tulln - Wien - Krems, MS Stadt Wien
Ship Happens after Resurrection / Celeste, Wien
2014
Pornös: "(Gl)amourös" / Aa Collections, Wien
Pomeranze / Club Titantic, Wien
Art UnAnchored Promo Party / Badeschiff, Wien
Art UnAnchored Festival / Tulln - Wien - Bratislava, MS Stadt Wien
Göttliche Liebschaften / VBKÖ Wien
Kunst & Musik im Puff / Queen Club Animierlokal, Wien
2013
Popp Inn Orgie / Trust 111, Wien
FickenDrogenSteinsein / MASC Foundation, Dada 39, Kunsttankstelle, Wienstation, Wien
Ins Graue, Schikaneder, Wien
THE L. A. SHOW - queer art / The Museum of Contemporary Mind (MUCOM), Los Angeles, USA
2012
Ins Graue / Schikaneder, Wien
Die Präsidentinnen besuchen eine Kunstausstellung / Landesgalerie, Linz / Tabakfabrik, Linz / Alte Schule, Gutau / Spinnerei, Traun
2010
Spannungsfeld / Homosexuellen Initiative, Linz
2009
Einzelausstellung / ehemaliges Theater Chamäleon, Linz